Endlich leistbar wohnen: 15% für Enteignung, 10% für Omas Rauswurf

Urbaner Wohnraum ist Mangelware. In Deutschland wird schon die Vergemeinschaftung diskutiert. Auch in Österreich fordert ein Viertel Eingriffe in fremdes Eigentum: 15 Prozent möchten für günstige vier Wände ungenutzte Grund-stücke mittels Bau-Zwang oder Enteignung nutzbar machen. Vor allem Männer sprechen hier ein Machtwort (21 Prozent). Und 10 Prozent würden alleinlebende Pensionisten aus (zu) großen Wohnungen oder Häusern bugsieren, vor allem in Städten mit bis zu 50.000 Einwohnern (14 Prozent). Ergebnisse der repräsentativen INTEGRAL-Umfrage zu „leistbarem Wohnen“: unter 1.000 Österreichern zwischen 16 und 75 im September 2024 im Auftrag der IMMOBILIENRENDITE AG.

Die enteignungsfreudige KPÖ wählten bei der Nationalratswahl jedoch nur 2,4 Prozent. Doch die Inflation fraß den Österreichern ein kräftiges Loch ins Börserl: Das Leben wurde (zu) teuer, speziell Wohnen. Hier die Vorschläge der Befragten, wie es wieder leistbar gemacht werden soll:

52 % für Altbau-Sanierung, 42 % für Mieter-Förderung

Nachhaltiges Wohnen steht bei den Befragten hoch im Kurs: 52 Prozent sprechen sich für die Sanierung und Aufstockung von Altobjekten aus, speziell Ältere zwischen 50 und 75 (62 Prozent), Kärntner (66 Prozent), Salzburger (63 Prozent) und Menschen in größeren Städten ohne Wien (61 Prozent).

Auch „Förderitits“ boomt wie eh und je: 42 Prozent der Befragten sehen in Förderungen für Mieter die Chance auf leistbaren Wohnraum: Vor allem Frauen (50 Prozent), Junge bis 29 (51 Prozent), ohnehin bereits Gemeindebau-verwöhnte Wiener (57 Prozent), Burgenländer (50 Prozent) und Menschen mit einem Haushalts-Nettoeinkommen bis 2.000 Euro im Monat (59 Prozent). Unter-30jährige sprechen sich – wohl im Hinblick auf die Familiengründung – für mehr Geld für Käufer von Eigentumswohnungen aus (42 Prozent), vor allem in Tirol (51 Prozent) und Städten bis zu 50.000 Einwohnern (40 Prozent). Die Lockerung von Kreditregeln befürworten insgesamt 32 Prozent, allen voran finanzaffine Männer (38 Prozent).

25 % möchten auf Supermarkt-Dach Wohnraum schaffen

25 Prozent der Befragten wünschen sich zur Lösung des Preisproblems beim Wohnen neue -Formen, beispielsweise Häuser auf Dächern von Supermärkten, vor allem in Salzburg (38 Prozent) und größeren Städten ohne Wien (36 Prozent). 22 Prozent sehen das Problem woanders: Sie möchten den Zuzug in Ballungszentren beschränken, wo Wohnraum schon jetzt knapp und teuer ist, vor allem im stark betroffenen Wien (28 Prozent).

Hingegen sprechen sich nur 13 Prozent für mehr finanzielle Zuwendungen für Bauträger aus, vor allem Junge bis 29 und Wiener (jeweils 19 Prozent). Und ebenfalls nur 13 Prozent für die Lockerung strenger Bauordnungen. Mehr nur in Vorarlberg (27 Prozent). Mathias Mühlhofer, Vorstand der IMMOBILIENRENDITE AG: „Es ist richtig, dass nicht mehr überall nach Lust und Laune auf der grünen Wiese gebaut werden darf. Dennoch liegt in der Durforstung alter, manchmal oft kontraproduktiver behördlicher Auflagen ein großer Schüssel für leistbares Wohnen.“

Für 50 % ist Eigentum nicht leistbar

Realismus zeigt sich in punkto Preiseinschätzung einer durchschnittlichen Hauptmietwohnung inklusive Betriebskosten: Laut Statistik Austria liegt er bei 649 Euro pro Monat. Laut der INTEGRAL-Umfrage würden 21 Prozent der Befragten zwischen 400 und maximal 600 Euro im Monat für gemietete vier Wände bezahlen, 23 Prozent zwischen 600 und 800 Euro. Im Durchschnitt liegt die Zahlungsbereitschaft bei 775 Euro. 15 Prozent der Befragen könnten sogar eine Monats-miete zwischen 801 und 1.000 Euro aufbringen. Aber nur 9 Prozent darüber.

Beim Eigentum klaffen Wunsch und Wirklichkeit hingegen weit auseinander: Laut Statistik Austria liegt der Medianpreis für Wohnhäuser bei 2.678 pro Quadratmeter, für Wohnungen bei 4.023 Euro. Laut der INTEGRAL-Umfrage können oder wollen aber nur 6 Prozent mehr als 450.000 Euro für Eigentum bezahlen. Im Durchschnitt liegt der Traum in punkto leistbarer Wohnung oder Haus bei 260.000 Euro. Für die Hälfte der Befragten kommt ein Kauf aber ohnehin nicht in Frage – wohl aufgrund fehlender Eigen- wie Fremdmittel.

Markus Kitz-Augenhammer, Vorstand der IMMOBLIENRENDITE AG: „Um den Wunschpreis aus der Umfrage kann nicht gebaut werden. Dafür bekommen Österreicher auf dem Markt maximal ein altes Haus auf dem Land oder ein Tiny House“, so der Makler-Profi. „Daher ist Österreich noch immer ein Land der Mieter. Dabei wäre die Hebung der Eigentumsquote eine Absicherung gegen Armut im Alter. Eine große Aufgabe für die Politik und neue Regierung.“

61 % verzichten auf Ladestation für E-Auto & -Bike

Bauen ist in Österreich (zu) teuer. Schuld daran sind unter anderem strenge Vorschriften. Dabei wären die Österreicher zum Verzicht bereit, wenn Wohnraum dadurch günstiger würde: 61 Prozent der Befragten brauchen keine Ladestation für E-Bikes oder E-Autos, vor allem in Oberösterreich (73 Prozent) und Städten mit über 50.000 Einwohnern ohne Wien (72 Prozent). 40 Prozent benötigen keinen Parkettboden. Sie wären mit Laminat zufrieden, vor allem in Salzburg (54 Prozent). 33 Prozent würden sich von einer barrierefreien Ausstattung verabschieden, vor allem Männer (40 Prozent), Höhergebildete mit Matura oder Uniabschluss (45 Prozent) und Salzburger (50 Prozent).

Für eine leistbare Miete oder einen erschwinglichen Eigenheim-Preis würden 27 Prozent bei der Raumhöhe Abstriche machen, vor allem Höhergebildete mit Matura oder Uniabschluss (34 Prozent). 26 Prozent würden weiterhin mit Öl- und Gas heizen, wenn das bei der Senkung der Baukosten hilft, vor allem Tiroler (44 Prozent), Vorarlberger (49 Prozent) und Menschen in Städten bis zu 5.000 Einwohnern (33 Prozent). Auch der Parkplatz ist für 25 Prozent kein Muss, vor allem bei einer Klientel mit Matura oder Uniabschluss (32 Prozent), U- und S-Bahnen-verwöhnten Wienern (39 Prozent) und in Haushalten mit einem Nettoeinkommen bis 2.000 Euro (40 Prozent). Letztere besitzen oft kein Auto. Michael Rajtora, Vorstand der IMMOBILIEN-RENDITE AG: „Über alle Einkommensschichten hinweg betrachtet zeigt sich in unserer Umfrage gut: Alle möchten schön wohnen. Abstriche werden aber jeweils nur dort gemacht, wo es persönlich am wenigsten weh tut.“

93 % für Ruhelage & gute Wärmedämmung

Für eine günstige Miete würden 19 Prozent der Befragten ihren Traum von Balkon, Terrasse oder Garten begraben, vor allem Männer (24 Prozent), Wiener (29 Prozent) und Menschen mit einem Haushalts-Nettoeinkommen bis 2.000 Euro (26 Prozent). Und 17 Prozent den Wunsch der Nähe zu Grünraum oder Park ad acta legen. 12 Prozent würden für leistbare vier Wände sogar auf ein Zimmer verzichten und auf einem Ausziehbett im Wohnzimmer nächtigen, vor allem Bezieher eines Haushalts-Nettoeinkommens bis 2.000 Euro (21 Prozent).  

Eine ruhige Lage der Wohnung ist für die meisten Befragten hingegen essenziell: Nur 7 Prozent würden hier Abstriche machen, vor allem Höhergebildete (11 Prozent) und Wiener (12 Prozent). Auch eine gute Wärmedämmung ist den befragten Österreichern wichtig: Nur 7 Prozent wollen hier einsparen, vor allem Höhergebildete (11 Prozent) und Steirer (12 Prozent). Sie stellen wohl Rentabilitätsrechnungen an. Petra Starecek, Studienleiterin von INTEGRAL: „Die Umfrage zeigt. Das Thema leistbares Wohnen ist in Österreich nach wie vor bestimmend“.

Die Österreicher wissen genau, was sie sich von der Politik in punkto Zukunft des Wohnens wünschen. Jetzt muss die nächste Bundesregierung nur noch liefern.

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