Schreckensmeldungen aus Industrie und Gewerbe soweit das Auge reicht

Es vergeht kein Tag ohne Schreckensmeldung aus Industrie und Gewerbe. Die Wirtschaft ist mit einem noch nie dagewesenen Rohstoffmangel konfrontiert – mitten im Boom. Was tun, hat unser Vorstand Mathias Mühlhofer in einem Fachkommentar für den ‘Facility Guide’ des ‘New Business’ Verlags erklärt. Kleiner Spoiler: Eine der Lösungen ist bereits in Beton gegossen …

Die Industrie ist täglich mit Rohstoffmangel konfrontiert: es vergeht kein Tag, an dem ich nicht eine Schreckensmeldung aus der Industrie und dem Gewerbe höre: Die Container mit dem einen Produkt kommen nicht, die Hersteller in Übersee von dem anderen Metall können nicht liefern, die Preise von dem dritten Rohstoff gehen durch die Decke und alle Mitbewerber horten sogar schon die simpelsten Komponenten. Es ist auch nicht mehr sicher, was Ursache und was Wirkung ist. Horten sie weil es Lieferengpässe gibt oder gibt es Lieferengpässe weil sie horten?

Was das alles mit Immobilien zu tun hat? Nun, auch zum horten braucht man Lagerhallen. Und Lagerhallen bestehen wiederum aus Rohstoffen, die zur Zeit Mangelware sind. Lagerhallen werden gebaut von Fachkräften, die zur Zeit Mangelware sind.

Lagerhallen sind das neue Statussymbol

Bereits vor Corona war Logistik in aller Munde. Just in Time Lieferungen an Industrie- und Gewerbebetriebe haben kurzfristig Lagerkapazitäten frei gegeben und diese wurden sofort übernommen von den Logistikern, die Waren zu den Online-Bestellerinnen und -Bestellern gebracht haben. Scherzhaft haben von der Paketwagen-Polonaise gesprochen, die sich täglich durch die Innenstädte gewälzt hat, weil in jedem Haus jeder Paket-Zusteller mindestens einmal täglich gehalten hat. Da waren schnell alle Logistik-Hubs in der Nähe der Großstädte voll.

Dann aber kam Corona und – wie so viele Andere – wurde auch dieser bereits existierende Trend massiv beschleunigt. Die Logistik-Entwicklung wurde um fünf bis zehn Jahre nach vorne gebracht. Amazon ist innerhalb von 3 Jahren von 0 auf 3 Paketverteilzentren rund um Wien gekommen. Eine Steigerung, die man in Prozent gar nicht ausdrücken kann.

Der Online-Handel boomt, ja schon frische Lebensmittel werden nach Hause zugestellt. Das alles benötigt noch viel mehr Lager- und Crossdocking-Hallen, Hochregallager und Umschlagplätze. Wer Waren aus Übersee einkauft kann sich auf „just in time“ nicht mehr verlassen: Wenn Rohstoffe verfügbar sind, kauft man zusammen was geht und lagert es ein, weil wer weiss wann es wieder Nachschub gibt (und zu welchem Preis).

Heute ist keine grüne Wiese mehr vor den Logistikimmobilien-Entwicklern sicher, speziell wenn diese grüne Wiese in der Nähe einer Autobahnausfahrt oder in der Nähe einer größeren Stadt ist. Die Logistiker brauchen immer mehr Flächen, die Entwickler entwickeln auf Hochtouren und es ist kein Ende in Sicht.

Preisentwicklung bei Gewerbeimmobilien

Die Preise der „grünen Wiesen“, also der Baugründe, sind in der Nähe der Ballungsgebiete schon massiv gestiegen. 100% sind da noch gar nichts, manche Baugründe haben sich in den letzten 5 Jahren verzehnfacht.

Aber auch die Baupreise steigen im Moment Jahr für Jahr um zweistellige Prozentsätze. Das liegt, wie schon gesagt, sowohl am Anstieg der Materialpreise als auch am Mangel an Fachkräften. Um 30% mehr zu bauen braucht man auch 30% mehr Leute.

Es ist aber damit zu rechnen, dass sich diese Entwicklung auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Wenn die Wirtschaft gut läuft dann wird auch mehr Platz gebraucht werden. Platz zum Arbeiten, Platz zum Lagern und Platz zum Produzieren.

Was geschieht mit den alten Industrie- und Gewerbeimmobilien?

Dieser Trend wirkt sich natürlich auch positiv auf existente Industrie-Immobilien aus. Immobilien, die heute noch zeitgemäß sind, sind auch gefragt wenn sie schon gebraucht sind.

Ganz im Gegenteil dazu stehen aber noch etwas ältere Immobilien, die nicht mehr dem heutigen Standard entsprechen. Fabrikhallen und Büros die schlecht gedämmt sind, die zu niedrig sind, klein und verwinkelt: das wird heute nicht mehr gebraucht. Da baut man sich lieber direkt daneben, auf der grünen Wiese, eine neue Halle hin statt die alte zu sanieren.

Wir haben uns genau auf diese Immobilien spezialisiert und stecken viel Zeit und Geld in die Mission, auch alte und nicht mehr gewollte Industrieimmobilien zu revitalisieren. Das geht gar nicht so leicht denn einfach umbauen auf moderne Standards kann man die meistens nicht. Da muss man schon sehr genau überlegen, welche Nutzung nicht auf die Höhe oder auf die LKW-Laderampen angewiesen ist. Man muss Brandmeldeanlagen tauschen, Tore erneuern, Hallen dämmen, Heizungen modernisieren und ganz vieles mehr.

Neulich haben wir ein altes Fabriksgelände im Umland von Wien erworben, fast ein Jahr lang umgebaut und revitalisiert und damit einen kleinen Gewerbepark begonnen. Jetzt werden dort Photovoltaikanlagen gelagert, die in China produziert werden und auf ihren Einbau auf Österreichischen Dächern warten.

Bei aller Knappheit an Fachkräften und Rohstoffen: der knappste Rohstoff ist immer noch das Bauland. Denn egal welche Connections wir nach Übersee haben, die liefern uns keines nach. Daher sollten wir es nicht verschwenden sondern verantwortungsvoll nutzen und auch alte Immobilien lieber revitalisieren als daneben neue hin zu bauen und noch mehr Boden zu versiegeln.

Der Orignal-Artikel im NEW BUSINESS: https://www.newbusiness.at/publikationen/archiv/eMag/NB-Guides/2021/Industrie_Guide_2021/page_245.html

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